Forschung & Technologie
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In der Pilotanlage in Hattorf wird Kopfsalat in Gefäßen mit einer Nährstofflösung versorgt. Erde wird nicht gebraucht.

SALAT AUS DER KLÄRANLAGE

Die globale Agrarwirtschaft verbraucht enorm viel Frischwasser. Ein Forscherteam will gegensteuern – mit dem Anbau von Gemüse in aufbereitetem Abwasser.

Der Kopfsalat hat sich schließlich durchgesetzt. Nach zahlreichen Tests stand fest, dass sich diese Gemüsesorte am besten eignet, um ein potenziell revolutionäres Verfahren zu testen: die hydroponische Pflanzenproduktion mit aufbereitetem Abwasser.

Bei der Hydroponik wachsen Pflanzen nicht in der Erde, sondern werden in Gefäßen über eine Nährstofflösung versorgt. Vertical- Farming-Projekte wie AeroFarms in Newark (USA) nutzen dafür Frischwasser. Im Forschungsprojekt HypoWave geht man einen anderen Weg. „Im Abwasser sind bereits zahlreiche Nährstoffe vorhanden. Unser Verfahren könnte sie für die Nahrungsmittelproduktion nutzbar machen und zugleich den enormen Wasserverbrauch in der Landwirtschaft signifikant senken“, sagt Projektleiter Thomas Dockhorn vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft der TU Braunschweig.

Bis es so weit ist, sind noch viele Fragen zu klären. Die Forscher haben daher auf einer Kläranlage in Hattorf bei Wolfsburg eine Pilotanlage errichtet. „Hier wollen wir herausfinden, wie wir die Abwasseraufbereitung optimal an den Nährstoffbedarf der Pflanzen anpassen können“, sagt Dockhorn. Auch die Wirtschaftlichkeit und die Marktfähigkeit werden untersucht.

An HypoWave sind insgesamt zwölf Partner beteiligt. Die Koordination liegt bei dem unabhängigen Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main.

3 Fragen an

Torsten C. Schmidt

»Wir haben offenbar einen Nerv getroffen.«

1

Seit 2001 gibt es an der Uni Duisburg-Essen den Studiengang Wasser. Was genau wird dort gelehrt?

Wir kombinieren Chemie, Mikrobiologie, aber auch Verfahrenstechnik. Das ist einzigartig in Deutschland. Am Ende des Studiums können die Absolventen helfen, die kostbare Ressource Wasser optimal zu nutzen und zu schützen.

2

Wird das Studium gut angenommen?

Die Studierendenzahlen liegen seit Beginn bei 60 bis 100 Studienanfängern jährlich im Bachelorstudiengang. Mit unserem interdisziplinären Ansatz und der stark ausgeprägten Umweltkomponente haben wir offenbar einen Nerv getroffen.

3

Wie können die Absolventen helfen, die Wasserversorgung zu verbessern?

Indem sie in Entwicklungsländern die hygienische und chemische Qualität des Trinkwassers prüfen und sicherstellen. Auch in Westeuropa sind ihre Kompetenzen wichtig. Durch den Klimawandel ist es nicht selbstverständlich, dass auch künftig ausreichend sauberes Trinkwasser zur Verfügung steht.

Torsten C. Schmidt

ist Professor an der Universität Duisburg-Essen und Leiter des Zentrums für Wasser- und Umweltforschung.

69

Prozent des weltweiten Frischwasserverbrauchs entfallen auf die Landwirtschaft. 19 Prozent nutzt die Industrie, 12 Prozent Gemeinden und Privathaushalte.

Diese Vietnamesen reinigen ihr Trinkwasser mit der Sodis- Methode selbst.

DIE KRAFT DER SONNE

Eine einfache Methode zur Trinkwasserdesinfektion könnte das Leben von Millionen Menschen retten. Doch noch hapert es an der Anwendung. Und an der Akzeptanz.

Zwei Darsteller eines Straßentheaters krümmen sich vor Bauchschmerzen, hinter ihnen tanzt die Bakterie, die das Leiden verursacht hat. Dann taucht die Sonne auf, mit einer PET-Wasserflasche unterm Arm. Die Bakterie windet sich und stirbt, die Menschen trinken aus der PET-Flasche – und gleich geht es ihnen besser.

Das Straßentheater in Bolivien wirbt für Sodis, die solare Desinfektion von Trinkwasser durch UV-Strahlen und Wärme. Die Methode tötet schädliche Mikroorganismen in verunreinigtem Wasser ab. Entwickelt hat sie die Schweizer Forschungsanstalt Eawag, die seit 1999 um eine weltweite Einführung kämpft. Das Prinzip: Man füllt verschmutztes Wasser in eine bis zu zwei Liter große PET-Flasche und legt sie sechs Stunden in die Sonne. Danach ist das Wasser trinkbar. Ohne Abkochen, ohne Chemie.

Sodis kann das Leben von Millionen Menschen retten, die jedes Jahr an Durchfallerkrankungen sterben, glaubt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Denn die Methode ist nicht nur einfach, sondern kostet auch so gut wie nichts. Im Labor funktioniert Sodis perfekt, das Wasser wird zu 100 Prozent gereinigt. In der Praxis hapert es aber an der konsequenten Anwendung – trotz der Aufklärungsarbeit vieler Hilfsorganisationen.

„Das Verhalten der Menschen und ihre tägliche Routine zu verändern braucht viel Zeit“, sagt Valérie Cavin, Wasserexpertin bei der Schweizer Entwicklungshilfeorganisation Helvetas, die fünf Jahre an dem Sodis-Projekt gearbeitet hat. „Oft vergessen sie, morgens die frisch gefüllten Flaschen in der Sonne auszulegen, oder sie trinken das Wasser, bevor es vollständig desinfiziert worden ist.“ Denn bei bewölktem Himmel muss das Wasser zwei Tage liegen, um erfolgreich gereinigt zu werden. Ein weiteres Problem: Einige Leute glauben nicht, dass die Methode funktioniert. Sie erscheint ihnen zu einfach – dabei sind einfache Lösungen manchmal die besten.

Unerschöpfliche Energiequelle

Seit Jahrhunderten ist Wasser ein wichtiger Energielieferant. Nach Angaben der „BP Statistical Review of World Energy“ hatte die Wasserkraft 2016 einen Anteil von 6,9 Prozent am globalen Primärenergieverbrauch. Führend ist China. Das Land verbrauchte im vergangenen Jahr 1.162 Terawattstunden Strom aus Wasserkraft. Deutschland liegt in dieser Rangliste mit 21 Terawattstunden auf Platz 24.

Top 10: Verbrauch von Strom aus Wasserkraft im Jahr 2016

Angaben in Terawattstunden