MIT ALLEN WASSERN GEWASCHEN

Jeder Mensch braucht Wasser zum Überleben. Aber für einige von uns ist es mehr: ein Lebensinhalt, der sie dazu inspiriert, Großes zu schaffen. Diese fünf Persönlichkeiten erinnern uns immer wieder daran, wie wichtig das kühle Nass für uns ist.

»Am Ende ist es immer wieder die Magie der Tiefe, die mich am Meer anzieht.«

MIT ALLEN WASSERN GEWASCHEN

Jeder Mensch braucht Wasser zum Überleben. Aber für einige von uns ist es mehr: ein Lebensinhalt, der sie dazu inspiriert, Großes zu schaffen. Diese fünf Persönlichkeiten erinnern uns immer wieder daran, wie wichtig das kühle Nass für uns ist.

Die Taucherin

Normales Tauchen ist ihr nicht genug – Anna von Boetticher sucht die Extreme in den Tiefen des Ozeans.

Wer kann am längsten die Luft anhalten? Anna von Boettichers Rekord liegt bei sechs Minuten und zwölf Sekunden – unter Wasser. Die 47-Jährige ist eine der besten Apnoe-Taucherinnen der Welt, mit 33 deutschen und einem Weltrekord. Apnoe bedeutet Atemstillstand: Die Taucher nehmen vor dem Sprung ins Wasser einen kräftigen Atemzug, der dann für den gesamten Tauchgang ausreichen muss. Denn sie haben kein Sauerstoffgerät dabei – eine extreme und riskante Herausforderung für den Körper. Wer zu schnell nach oben schwimmt, riskiert Lähmungen. Für Anna von Boetticher gehört das Risiko dazu. Mit 17 Jahren tauchte sie zum ersten Mal – damals noch ganz harmlos mit Tauchausrüstung. Schon bald merkte sie aber, dass sie eine größere Herausforderung benötigte: „Ich wollte einfach wissen, wie viel Luft ich habe, wenn in der Tiefe etwas schiefgeht“, sagte sie 2011 in einem Interview mit der taz. Das Freitauchen ist ihre große Leidenschaft – beruflich mag sie es jedoch ruhiger. Die gebürtige Münchnerin besitzt einen Buchladen in Berlin. Nebenher bringt sie jungen Kampfschwimmern der Bundesmarine bei, wie man unter Wasser die Kontrolle behält.

Foto: Wolf Heider-Sawall/laif

»Das Meer hat mir große Möglichkeiten gegeben. Dafür bin ich sehr dankbar.«

Der Milliardär

Mit 18 Jahren stach Kjell Inge Røkke auf einem Kutter ins Meer. Heute ist er einer der reichsten Norweger und will das Meer von Plastik befreien.

Zur Freiheit, zum Abenteuer: Das Leben auf hoher See zieht Menschen an, die allen Zwängen entfliehen wollen. So wie Kjell Inge Røkke, der Anfang der Achtzigerjahre die Schule abbrach, um auf einem Fischkutter vor der Küste Alaskas die Netze auszuwerfen. Dort entwickelte Røkke schon früh einen ausgeprägten Geschäftssinn: Sobald er genug gespart hatte, kaufte er sich einen eigenen Fischkutter. Das Risiko ging auf: Bald schon besaß er eine ganze Schiffsflotte. Und die Werften, in denen er die Schiffe bauen ließ, kaufte er gleich mit. Als Røkke 1990 schließlich bei Kværner, dem damals größten Konzern des Landes, einstieg, war aus dem jungen Fischer ohne Schulabschluss einer der reichsten Männer Norwegens geworden. Dabei hat er bis heute nicht vergessen, dass er diesen Reichtum vor allem dem Meer verdankt. Deswegen lässt er aktuell ein 181 Meter langes Schiff bauen, das nicht nur bis zu 600 Meter tief hinabtauchen, sondern auch Plastikmüll aus dem Meer fischen kann. In einem Interview mit der norwegischen Zeitung Aftenposten erklärte Røkke dazu: „Ich will einen Großteil dessen, was ich verdient habe, der Gesellschaft zurückgeben.“

Foto: Karl Braanaas

»Keine Panik! Alles ist gut. Sie können sich an mir festhalten.«

Die Retterin

„Baywatch“ ist nur ein Film, der Strand von Hörnum auf Sylt Realität. Dort rettet Philine Häbich Menschenleben.

Das Meer ist nicht nur schön, sondern auch bedrohlich. Das weiß Philine Häbich aus eigener Erfahrung. Als sie vor einigen Jahren allein in der Nordsee schwamm, drückte die Strömung sie an einen Felsen, mit letzter Kraft konnte sie sich retten. Heute rettet Häbich das Leben anderer Menschen. Seit 2013 ist sie Rettungsschwimmerin am Strand von Hörnum auf der Nordseeinsel Sylt. Wo andere sich entspannen, behält sie den Überblick. Oft stürzt sie sich in die Wellen, weil Menschen zu weit hinausschwimmen und die Strömung unterschätzen; manchmal erleiden ältere Urlauber einen Herzinfarkt im Wasser. In solchen Fällen muss die Rettungsschwimmerin nicht nur vollen Körpereinsatz zeigen, sondern die in Not Geratenen auch beruhigen: „Viele bekommen Panik. Denen rufe ich früh zu, dass alles gut wird und sie sich an mir festhalten können“, sagt die 30-Jährige. Nach einer zweijährigen Auszeit, in der sie sich um ihren kleinen Sohn gekümmert hat, geht es kommendes Frühjahr wieder an den Strand. Und für ein halbes Jahr wird Häbich, die in der kalten Jahreszeit als Rettungssanitäterin in Berlin arbeitet, wieder in ihrem Camper hinter den Dünen leben. Jeden Morgen wird sie dort vom Tosen der Brandung geweckt. Ein neuer Tag, neue Urlauber, neue Notfälle.

Foto: Hardy Mueller H./laif

»Im Wasser fühle ich mich wirklich zu Hause. Dort gehöre ich hin.«

Der Athlet

Das Schwimmbecken ist sein natürliches Habitat: Michael Phelps gewann darin eine Goldmedaille nach der anderen.

Jede Sportart hat ihren unangefochtenen König. Pelé im Fußball, Michael Schumacher in der Formel 1, Roger Federer im Tennis – und Michael Phelps im Schwimmen. Der US-Amerikaner hat mit insgesamt 26 Olympiamedaillen, davon 22 goldenen, einen Rekord für die Ewigkeit gesetzt. Eine solche Ausnahmekarriere ist nur durch beinhartes Training möglich: „Wenn ich etwas will, dann tue ich alles dafür und erreiche es auch“, sagte der heute 32-jährige Athlet im Jahr 2013 der Tageszeitung Die Welt. In seiner Hochphase zog Phelps sechs Tage die Woche Bahn um Bahn im Schwimmbecken. Ein eiserner Wille und Disziplin sind da gefragt, aber auch die Leidenschaft für das, was er tut: den Kopfsprung ins Nass, das Gleiten durchs Wasser, immer auf der Jagd nach der schnelleren Zeit. Bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 beendete er seine Laufbahn, nachdem er ein letztes Mal auf dem Siegertreppchen triumphieren durfte. Natürlich mit Gold um den Hals

Foto: AFP/Getty Images

»Für ein gutes Bier braucht man hochwertiges Brauwasser. Die Quelle ist entscheidend.«

Die Brauerin

Bierbrauen ist eine Kunst. Susanne Horn verwendet dabei nur die besten Zutaten – das gilt auch für das Wasser.

Die Hauptzutat von Bier ist weder Hopfen noch Malz, sondern Wasser, mit einem Anteil von achtzig Prozent. Beim Brauen spielt daher die Wasserqualität eine wichtige Rolle – vor allem, wenn die Bierflasche am Ende ein Biosiegel tragen soll. Susanne Horn achtet deshalb ganz besonders darauf, woher ihr Brauwasser kommt. Die Gesch.ftsführerin der Biobrauerei Neumarkter Lammsbräu verwendet ausschließlich Wasser aus einer biozertifizierten Quelle, 76 Meter unter der Erdoberfläche. Die Herkunft des Brauwassers beeinflusst laut der 43-Jährigen den Geschmack des Gerstensafts: „Würden wir unseren Standort in eine andere Region verlegen, würde das Bier anders schmecken.“ Ihr Vorgänger brachte bereits in den Achtzigerjahren das erste Ökobier auf den Markt. Heute ist das Unternehmen die erfolgreichste Biobrauerei Deutschlands.

Foto: Natalie Neomi Isser/Süddeutsche Zeitung Photo

„Wasser sollte ein öffentliches Gut sein“

Die Aktivistin

Damit eine große Idee Wirklichkeit werden kann, braucht es leidenschaftliche Menschen. Echte Kämpfer. Solche wie Maude Barlow.

Sauberes Wasser für alle: Am 28.Juli 2010 erklärte die UN den Zugang zu Wasser zum Menschenrecht. Ein historischer Moment – und ein Triumph für Maude Barlow, die ihr Leben diesem Ziel gewidmet hat. Gleichwohl ist das Menschenrecht auf Wasser bisher nicht mehr als ein großes Versprechen. Damit es Realität wird, kämpft die 70-Jährige unermüdlich weiter. Vor allem gegen die Privatisierung der Wasserversorgung: „Privatisiert man das Wasser, so fehlt der Antrieb, sauberes und gesundes Wasser für jeden bereitzustellen“, meinte sie 2013 in einem Tagesspiegel-Interview. „Ich habe kein Problem damit, wenn die Produktion von Autos und Laufschuhen privatisiert wird. Aber warum sollten wir den Zugang zu etwas, das wir alle zum Leben brauchen, in die Hände einiger Reicher geben?“ Um das zu verhindern schrieb Barlow zahllose Bücher, war Vorsitzende des „Council of Canadians“, der größten Bürgerbewegung des Landes, und gründete die Umweltschutzbewegung „Blue Planet Project“ mit. 2005 wurde ihr der Alternative Nobelpreis verliehen. Ihre Botschaft: Es ist nicht selbstverständlich, dass jeder Mensch ausreichend Wasser zum Leben hat. Man muss dafür kämpfen.

Foto: Ullsteinbild

„Im Universum gibt es viel Wasser ohne Leben, aber kein Leben ohne Wasser.“

Die Forscherin

Das Meer ist ihr Leben: Seit Jahrzehnten erforscht Sylvia Earle die Unterwasserwelt und kämpft gegen ihre Zerstörung.

Die Tiefen des Ozeane stecken voller Geheimnisse. Einige davon hat Sylvia Earle in den letzten fünfzig Jahren gelüftet – und dabei immer wieder neue Grenzen überwunden. So tauchte sie 1979 auf einer Meeresexpedition 381 Meter tief: Ein Weltrekord, der ihr den Titel „Her Deepness“ verschaffte. Zu dem Zeitpunkt war Earle bereits eine bekannte Meeresforscherin. Auf ihren unzähligen Expeditionen in alle (Meeres-)Welt merkte sie schon bald, dass ihr die reine Forschung nicht genügte. Der Kampf für den Schutz der Meere wurde zu ihrem Lebensthema: „Der Ozean ist unser Lebenserhaltungssystem. Wer glaubt, das Meer sei nicht so wichtig, soll sich einfach einmal die Erde ohne Ozean vorstellen“, sagte sie 2016 in einem Interview mit dem „Spiegel“. Durch ihr Engagement will Earle die Menschen wach rütteln, sie aufklären und Wege aus der Krise zeigen. Dafür schrieb sie zahlreiche Bücher und über 100 wissenschaftliche Artikel zum Schutz der Ozeane, drehte Filme und beriet zwei US-amerikanische Regierungen. Zwischendurch baute sie gemeinsam mit ihrem Ehemann ein U-Boot. 2009 gründete sie schließlich die Meeresschutzorganisation „Mission Blue“. Heute ist „Her Deepness“ 82 – an Ruhestand ist jedoch nicht zu denken. Die Mission Meeresrettung ist noch lange nicht abgeschlossen.

Foto: Todd Brown

„Nichts und niemand kann den Ozean zähmen oder erobern.“

Der Seefahrer

Christopher Rynd steuert Schiffe wie die Queen Mary 2 sicher durch den Ozean. Das Leben an Bord ist ihm dabei mindestens genauso wichtig.

Die hohe See lernte Christopher Rynd in einem kleinen Boot kennen. An der Seite seines Vaters, der seinen Sohn zum Fischen in den südpazifischen Ozean mitnahm. „Mein Vater war ein Seemann von ganzem Herzen. Er liebte das Meer“, sagt der in Neuseeland geborene Rynd. Die Leidenschaft seines Vaters inspirierte ihn dazu, bald eigenständig in See zu stechen.So begann er mit 17 Jahren seine Kadettenausbildung, 1979 absolvierte er seinen Master in London. Die Schiffe, mit denen er schon bald die Welt bereiste, waren einige Nummern größer als das Fischerboot von damals. Er befehligte unter anderem die Kreuzfahrtschiffe Royal Princess und Pacific Sky. 2005 übernahm Rynd das Kommando der Queen Elizabeth 2. 2011 wurde er schließlich Commodore der gesamten Cunard-Flotte, zu der auch die Queen Mary 2 und Queen Victoria gehören – die Krönung seiner Karriere auf hoher See. Gäste und Crew sind für ihn mehr als Kunden und Angestellte. Sie bilden eine Gemeinschaft, die der 63-Jährige mit ruhiger Hand auch durch ungemütliche Gefilde navigiert: „Der Ozean ist ein ursprünglicher, manchmal wilder Ort.“

Foto: Getty Images