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Jeans länger tragen, weniger Wasser vergeuden

Eine coole Jeans? Sieht alt und getragen aus. Um diesen Effekt zu erzielen, erhalten neue Hosen einen „Used Look“. Doch gerade dieses chemische Verfahren ist besonders umweltbelastend – und benötigt Unmengen Wasser. Bis zu 11.000 Liter, so die Schätzung, sind bei der üblichen Produktionsweise nötig, bis ein einziges Paar Jeans über den Ladentisch gehen kann.

Die größte Flüssigkeitsmenge für den Klassiker der Alltagskleidung verschlingen die aufwendige Bewässerung der Baumwollfelder und die Herstellung von Pestiziden. Genau hier setzt das junge US-Textilunternehmen Evrnu an. Für die Jeansmarke Levi’s hat das Start-up aus Seattle ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Jeansfasern komplett aus alten Baumwolltextilien herstellen lassen. Doppelter Effekt: 98 Prozent weniger Wasserverbrauch und ein Recyclingbeispiel mit großem Potenzial (allein in den USA landen 11 Millionen der rund 13,1 Millionen Tonnen Textilabfälle jährlich auf dem Müll).

Das Traditionslabel Levi's ist der erste Konzern, der diesen nachhaltigen Weg eingeschlagen hat, zunächst für seine 511-Serie. Kleine Label wie etwa SEY oder Kuyichi produzieren schon seit einiger Zeit „Organic Jeans“ in schonenden Verfahren, benutzen zum Beispiel kein Chlor fürs Bleichen. Der Verbraucher hat die Wahl. Was auf jeden Fall Wasser spart: auf „Used Look“ verzichten – und die Jeans einfach wieder länger tragen, bis der Zahn der Zeit ganz natürliche Spuren hinterlässt.

Virtueller Wasserverbrauch

Dies braucht man zur Herstellung von . . .

Legende

16.000 L ≙ 1 kg Rindfleisch

119 L ≙ 1 kg Kartoffeln

800 L ≙ 1 kg Weizen

140 L ≙ 1 Tasse Kaffee

30 L ≙ 1 Tasse Tee

11.000 L ≙ 1 Jeans

2.000 L ≙ 1 kg Papier

20 L ≙ 1 kg recycletes Papier

Quelle: UNESCO-IHE

Große Unterschiede

Wasserpreise ausgewählter Städte 2014

Angaben in US-$ pro Kubikmeter

Quelle: Fortune (Brainstorm Green)

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Wasser ist auch ein Wirtschaftsgut: Hoover-Staudamm in den USA.

EIN FLÜSSIGES INVESTMENT

EIN FLÜSSIGES INVESTMENT

Wasser ist nicht nur lebenswichtig, sondern wird auch immer wertvoller. Das wissen Anleger – und machen Rendite mit dem blauen Gold. Wie funktioniert das konkret?

Wasser ist eine knappe Ressource. Zwar ist die Erde zu rund 70 Prozent von Wasser bedeckt. Doch der Anteil von nutzbarem Süßwasser beträgt nur ein Prozent. Und mit der wachsenden Weltbevölkerung steigt der globale Durst. Das „blaue Gold“ ist dementsprechend wertvoll – nicht nur für Konsumenten, sondern auch für Anleger am Finanzmarkt.

Indirekter Kauf Im Gegensatz zu Gold oder Getreide kann man Wasser nicht direkt kaufen und einlagern. Anders als beim Erdöl gibt es auch keinen globalen Wasserpreis. Wer sein Geld in Wasser anlegen möchte, macht das indirekt – durch den Kauf von Wertpapieren der Wasserwirtschaft, von der privaten Wasserversorgung und Abwasserentsorgung über die Meeresentsalzung und Herstellung von Pumpen und Filtern bis hin zum Geschäft mit Mineralwasser. Schätzungen zufolge belief sich der weltweite Wassermarkt in den vergangenen Jahren auf rund 500 Milliarden €. Jährlich wird ein Wachstum von sechs Prozent erwartet. Anleger können davon profitieren, indem sie entweder „Wasseraktien“ einzelner Unternehmen oder aber Anteile an einem Wasserfonds erwerben.

Ein Rohstoff für alle Aber ist es ethisch vertretbar, mit einem lebenswichtigen Stoff wie Wasser Gewinne zu erzielen? Was ist zum Beispiel, wenn ein Wasserversorger Trinkwasser zu unverhältnismäßig hohen Preisen anbietet? Für Transparenz sorgen die sogenannten ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance). Fonds mit diesem Gütesiegel berücksichtigen Faktoren wie ökologische Nachhaltigkeit, Menschenrechte sowie den Anlegerschutz. Wer sein Geld gut anlegen und gleichzeitig mithelfen möchte, globale Wasserversorgung zu verbessern, kann sich an diesen Standards orientieren.

3 Fragen an

Walter Hirche

»Abwasser als Rohstoffquelle nutzen.«

1

Fast 80 Prozent aller Arbeitsplätze hängen nach einer UNO-Erhebung vom Wasser ab. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Die zunehmende Knappheit von Wasser erfordert mehr Investitionen, um eine alternde, ineffiziente Wasserinfrastruktur zu modernisieren, und mehr ausgebildete Arbeitskräfte im Wassersektor. Es geht um den Übergang zu einer grünen Wirtschaft, in der Wasser eine zentrale Rolle spielt.

2

Der UNO-Weltwasserbericht 2017 legt den Fokus auf die Abwasserproblematik. Warum?

Wird Abwasser nicht angemessen behandelt, schädigt das Umwelt, Mensch und Wirtschaftskraft. Wir müssen Abwasser aber nicht nur angemessen aufbereiten, sondern es auch nutzen, durch innovative Projekte zur Gewinnung von Energie und Rohstoffen aus Abwasser.

3

Welche konkreten Maßnahmen und Technologien schlagen Sie vor?

Ein Beispiel: Etwa 22 Prozent des derzeit weltweit benötigten Phosphors – eine endliche und bereits stark dezimierte Ressource zum Düngen – könnte aus menschlichem Urin und Exkrementen gewonnen werden. Hier gibt es viel Entwicklungspotenzial.

Walter Hirche

ist Vorstandsmitglied der deutschen UNESCO-Kommission; von 2002 bis 2014 war er ihr Präsident.

6.000

Liter pro Sekunde betrug der Wasserverbrauch der Stadt München in der Halbzeitpause des Finales der Fußball-WM 2014. Beim Spiel selbst lag er bei nur 2.000 Litern.